Die RedeWendungen eines Lebens

Artikel in der »Volksstimme«

 

Was dabei herauskommt, wenn sich eine nicht-deutsche Theatermacherin vornimmt, für die Wiederauflage der Theaterkolumne etwas Gescheites einfallen zu lassen. 

 

Mit null Plan kam ich auf die Welt und hatte Hand und Fuß. Das A und O beherrschte ich auf Anhieb. Mit nur 5 Monaten legte ich einen Zahn zu. Doch als mir meine Mutter auf den Zahn fühlte, erlitt sie einen kleinen Schock: Ich hatte Haare auf den Zähnen. Bei der Babynahrung war ich sehr wählerisch, ich verglich Äpfel mit Birnen. Ich steckte noch in den Kinderschuhensie waren zum davonlaufen. Mit 3 Jahren verlief ich mich im Sande, aber meine Mutter half mir auf die Sprünge, bis ich aus dem Stehgreif ins Fettnäpfchen treten konnte. Schon hatte ich Dreck am Stecken und zwar faustdick hinter den Ohren. Gott sei Dank waren wir nahe am Wasser gebaut. Meine Eltern sorgten dafür, dass ich durch die Lappen gehe, sie wuschen mich mit allen Wassern, eine Hand wusch die andere, dann ließen sie mich etwas ausbaden. 

Am Ende war ich in trockenen Tüchern. Alles in allem hatte ich eine schöne Kindheit: Es gab immer Friede, Freude, Eierkuchen, ich mochte das Gelbe vom Ei nicht, dann hieß es immer friss oder stirb. Wenn ich kalte Füße bekam, legte meine Mutter ihre Hand für mich ins Feuer und abends im Bett las sie mir die Leviten. Die Grillabende waren am schönsten, mein Vater drehte gerne den Spieß um. Als ich 7 wurde hieß es, ich muss was lernen.

 

Also nahm ich das Heft in die Hand und ging zur Schule. Leider musste ich die Fünfe gerade sein lassen. Ach du grüne Neune, sagten dann immer die Lehrer. Das verstand ich nicht, na gut, Rechnen war auch nie meine Stärke. Aber mit meinem Latein war ich am Ende. Als ich 16 war, wurde es schwieriger. Ich feierte bis in die Puppen, kam morgens nach Hause, dann Augen zu und durchschlafen. Ich trank so viel, ich hatte blaues Blut.Mit 18 sagten meine Eltern, werde erwachsen. Ich hatte einen Vogel den nahm ich und verließ das Nest. Zum Überleben musste ich etwas für bare Münze nehmen. Ich studierte und wurde Architektin. Ich baute eine Eselsbrücke nach der anderen. Mit 25 fiel mir auf, es ist Not am Mann. Und so warf ich ein Auge auf einen alten Schweden. Er kam mir spanisch vor.

 

Wir schwebten auf Wolke sieben. Nahmen die Bretter vorm Kopf und bauten ein Haus. Das war nicht einfach. Ich sagte ihm, du musst jetzt Farbe bekennen, ich will das Wohnzimmer blaumachen. Wir kauften eine Katze im Sack und ließen die Katze aus dem Sack. Die ging ab wie Schmidts Katze. Schmidt war der Nachbar, der dienstags mit dem Zaunpfeil winkte.

 

Leider kratzte die Katze und kratzte und kratzte die Kurve. Wir sind nicht auf den Hund gekommen. Wir stiegen um auf Aquarium. Das endete tragisch, weil mein alter Schwede die Butter bei die Fische ließ. Auch unsere Beziehung ging Berg ab. Er wollte nie putzen, er war überhaupt eine Drecksau.  

 

Ich dachte, ich fress‘ ein Besen und machte ihm durch die Blume klar, dass ich einen Schlussstrich ziehen will, aber er zog den Kürzeren. Er fiel aus allen Wolken und wir stritten uns bis zum bitteren Ende. Ich wollte nur noch weg. Am besten dorthin, wo der Pfeffer wächst. In einer Nacht und Nebelaktion packte ich meine sieben Sachen und lief los zur allerhöchsten Eisenbahn. Angekommen verstand ich nur Bahnhof, zog die Arschkarte, aber leider warf man mich aus der Bahn. Ich war verwirrt. Ich trauere einem Mann nach, der mir nicht das Wasser reichen kann, wenn ich vor Hunger umkomme? Ich musste mein Leben ändern. Mit dem Schlüssel zum Erfolg in der Hand, nahm ich wieder Pfad auf und konzentrierte mich auf meine Karriere. Die Eselsbrücken ödeten mich an, also baute ich fortan Luftschlösser. Mein Geschäft florierte, das Leben war schön und Männer gab es wie Sand am Meer. Ich hatte die Qual der Wahl. Ein Hutmacher warf sein Hut in den Ring. Aber vor dem musste ich den Hut ziehen. Mein Tischler war auf dem Holzweg, an dem Bierbrauer war Hopfen und Malz verloren, der Berufssoldat warf seine Flinte ins Korn, der Fleischer spielte immerzu die beleidigte Leberwurst, der Bauer wollte, dass ich die Kuh vom Eis hole, aber mir ging dabei der Arsch auf Grundeis. Bei dem Mechaniker war eine Schraube locker, und der Schmied hatte mehrere Eisen im Feuer. Der Künstler, tja der Künstler war langweilig. 

 

Er malte nur den Teufel an die Wand. Dann lernte ich ihn kennen, meinen lieben Scholli! Wir verliebten uns Hals über Kopf. Wir gingen oft in was für ein Theater. Unverhofft kommt oft und ich kam wie die Jungfrau zum Kind. Wir nannten das Kind beim Namen und redeten um den heißen Brei herum. 

 

Ein Kind kostet Kopf und Kragen und wir mussten ständig schmutzige Wäsche waschen und das Kind mit dem Bade ausschütten. Der Junge war so süß. Er machte sich bei uns lieb Kind. Eine Plaudertasche. Ständig plauderte er aus dem Nähkästchen und lutschte am Pi mal Daumen. Wenn er verletzt war, streuten wir ihm liebevoll Salz in die Wunde. Wir mieteten ein Haus, räumten im Winter den Schnee von gestern und hatten so ein Schwein. Unser Sohn wünschte sich immer ein Pferd, aber das Leben war kein Ponyhof.  Und er machte sich das Leben schwer und wurde Leichtathlet. Hochspringer war sein Kindheitstraum, also hielten wir ihm Jahre lang die Stange. Jetzt ist er selber wie der Vater so der Sohn. Ich sage es Ihnen, wenn meine Urenkel da sind, gebe ich den Löffel ab, werde Vegetarierin und beiße glücklich ins Gras.

 

Ihre Dorotty Szalma

Ps.: In jedem Witz steckt ein Körnchen Wahrheit...